Trump greift nach der US-Notenbank
Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar
Es ist kein Geheimnis, dass sich Donald Trump eine andere bzw. lockerere Geldpolitik vom derzeitigen Vorsitzenden der amerikanischen Notenbank (Fed), Jerome Powell, wünscht. Noch beschränkt sich Donald Trumps Unzufriedenheit auf Äußerungen in den sozialen Medien. Inzwischen deutet sich jedoch an, dass der US-Präsident bereit sein könnte, schon vor dem Ende der Amtszeit von Jerome Powell Mitte 2026 aktiv in das Geschehen einzugreifen. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, wie sich die US- Geldpolitik in den nächsten Jahren unter Donald Trump verändern könnte.
Mitte Juni verkündete der US-Präsident, dass er schon „sehr bald“ den Kandidaten für den nächsten Vorsitzenden der Fed bekannt geben möchte. Das wäre mit elf Monaten vor dem offiziellen Ende des derzeitigen Amtsträgers einmalig in der über hundertjährigen Geschichte der Fed. In der Regel wird erst kurz vor Ende einer Amtsperiode der oder die Nachfolger/in bestimmt. Ein so früh ernannter Vorsitzender würde als sogenannter „Schatten-Vorsitzender“ (engl. „shadow Fed Chair“) fungieren. Dieser könnte sich dann parallel zum derzeitigen Vorsitzenden, über den zu führenden geldpolitischen Kurs äußern – ein Vorschlag, den der derzeitige US-Finanzminister Scott Bessent schon vor einem Jahr gemacht hatte. Doch warum möchte Donald Trump schon jetzt einen Kandidaten verkünden?
Der US-Präsident ist schlichtweg kein Fan der aktuellen Geldpolitik und wünscht sich niedrigere Zinsen, um die Wirtschaft zu fördern und die hohe Staatsverschuldung besser in den Griff zu bekommen. Donald Trump hat öffentlich bekannt gegeben, dass er sich einen Kandidaten wünscht, der „die Zinsen senken will“ – und „davon gibt es viele da draußen“. Schon länger versucht der US-Präsident, Druck auf die Fed auszuüben, jedoch mit mäßigem Erfolg, denn die US-Notenbank hält noch immer an ihrer restriktiven Geldpolitik fest. Der Zinskorridor liegt derzeit bei 4,25 bis 4,50 Prozent (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1: Leitzins der Fed
Quelle: Fred (2025); eigene Darstellung
Die Installation eines „Schatten-Vorsitzenden“ könnte die Märkte und ihre Teilnehmer enorm verunsichern, da sich nun zwei Stimmen statt einer über den geldpolitischen Kurs äußern. Wie durch den US-Handelskrieg bereits bestätigt, ist Unsicherheit Gift für die Wirtschaft, da sie Investitionen und Konsum zurückhält. Zudem ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die Fed ihre Geldpolitik aufgrund der Äußerungen eines Kandidaten ändern wird. Selbst nach Amtsübernahme Mitte 2026 sind noch sechs von sieben der permanenten FOMC-Mitglieder tätig – unter ihnen auch Jerome Powell, der bis Anfang 2028 noch Mitglied des FOMC- Komitees sein wird. Sollte sich also der zukünftige Kandidat vor Amtsantritt öffentlich gegen die Fed stellen, könnte dies zu internen Machtkämpfen führen, die der Notenbank und ihrer Geldpolitik schaden würden.
Unter Donald Trump wäre die so wichtige Unabhängigkeit der Notenbank in Gefahr. So hat die Politik in der Regel den kurzfristigen wirtschaftlichen Boom im Sinn – und nicht die langfristige Preisstabilität. Auch kann der Staat die Notenbank missbrauchen, um Geld zu drucken. Beides dürfte die Inflation anheizen. Zudem ist das Marktvertrauen in fachlich getroffene Entscheidungen wesentlich höher, was die Inflationserwartungen in Schach hält. Außerdem sind unabhängige Notenbanken – im Gegensatz zu Politikern – nicht darauf angewiesen, populäre Entscheidungen zu treffen, und können effektiv im Sinne der Preisstabilität handeln.
Wann Donald Trump seinen Kandidaten bekannt geben wird, ist trotz seiner Äußerungen noch nicht sicher. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Trump doch nicht bis kurz vor dem Amtswechsel mit der Bekanntgabe wartet. Außer Frage steht jedoch, dass der US-Präsident einen Kandidaten wählen wird, der ihm loyal gegenübersteht und seine Interessen durchsetzt. So ist spätestens Mitte 2026 mit einer sichtbaren Kehrtwende der US-Geldpolitik zu rechnen.
Auf das Zinsgeschehen hat sich dieses Vorgehen bereits leicht ausgewirkt. Einerseits fielen die 10jährigen US-Treasury-Renditen von 4,50 Prozent auf 4,27 Prozent, andererseits haben sich die Markterwartungen der Zinssenkungen durch die Fed auf die nächsten 12 Monate von 3 Senkungen auf 5 erhöht.
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