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Jede kürzere Darlehenslaufzeit ist besser als 10 Jahre

Wie kann das sein, werden Sie sich vielleicht fragen. Auf den ersten Blick ist das verwirrend, denn bei einer Festzinsbindung hat man doch den Zins über 10 Jahre gesichert? Das ist richtig, dennoch: wie so oft gibt es ein „aber“ bzw. es kommt ganz darauf an.

Zunächst ist der Zeitpunkt der Zinsfestschreibung entscheidend:

  • am Anfang einer Zinswende nach oben,
  • auf einem Zinsgipfel (bzw. in der Nähe des „Gipfels“) oder
  • in einer Niedrigzinsphase bzw. bei fallenden Zinsen.

Im ersten Fall sichert man sich niedrige Zinsen für einen langen Zeitraum, hat aber spätestens danach ggfs. ein Prolongationsthema. Im zweiten Fall hat man die schlechteste Variante getroffen: für lange Zeit hohe Zinsen fixiert. Und im dritten Fall kann nicht von weiter fallenden Zinsen profitiert werden.

Den jeweils besten Zeitraum zu treffen ist nicht nur (fast) unmöglich, er wird auch ggfs. von notwendigen Anschlussfinanzierungen beeinflusst. Mit wenigen (glücklichen) Ausnahmen treffen die meisten Finanzierer einen schlechten Zins-Zeitpunkt und ehe man sich versieht, ist man mittendrin in der „Zinslotterie“.

Wenn man Zinsen und Zinszyklen nüchtern und strategisch betrachtet, gibt es Alternativen. Eine jüngste Untersuchung der Technischen Hochschule Amberg-Weiden und der TH Ingolstadt hat errechnet, dass in den 30 Jahren von 1994 bis 2024 eine durchgehend variable Finanzierung durchschnittlich um 1,92 % günstiger war, als eine 3 x 10-jährige Zinsfestschreibung. Egal, zu welchem Zeitpunkt man sich für eine Zinsfestschreibung in diesem Zeitraum entschieden hatte.

US-Wahlen, Zinsen und das Euro-Dollar Verhältnis

Noch Ende letzten Jahres hatte die Fed teilweise bis zu sechs Leitzinssenkungen für 2024 in Aussicht gestellt. Eine wieder steigende Inflation in den USA lässt sie nun vorsichtiger werden. Und dann sind da noch die anstehenden US-Wahlen im November.

Um nicht in den Verdacht zu geraten, politisch Einfluss zu nehmen, halten es inzwischen nicht wenige Experten für möglich, dass die Fed in diesem Jahr gar nicht mehr den US-Leitzins senken werde - im Gegensatz zur EZB, die bereits am 6. Juni die Zinsen um 0,25 Basispunkte gesenkt hat.

Die Vereinigten Staaten dürften in dem Fall durch ihre attraktiveren Geldmarktzinsen, europäisches Geld anlocken. Als Folge der Kapitalabflüsse aus der Euro-Zone könnte der Euro gegenüber dem US-Dollar abwerten.

Über einen längeren Zeitraum werden die Zinsen wahrscheinlich nicht auseinanderdriften, denn Zinssenkungen sind auch bei der Fed vorprogrammiert. Nur eben nicht zeitnah.

Kommt es in diesem Jahr so – wie allgemein erwartet – könnten sich die Leitzinsen dies- und jenseits des Atlantiks weiter auseinanderbewegen - zumindest für einige Monate.

Für die schwächelnde Konjunktur in Europa könnte das sogar von Vorteil sein und kurzfristig den Export von Waren begünstigen.

Die FED und ihr Einfluss auf die EZB

Die EZB hat am 6. Juni die Zinsen um 25 Basispunkte gesenkt. Da die Fed ihre Leitzinsen wahrscheinlich auf absehbare Zeit stabil halten wird, fragen sich die Märkte, wie viel Spielraum hat die EZB?

Die Bedeutung der amerikanischen Geldpolitik hat größeren Einfluss auf die Entscheidungen der EZB, als viele annehmen. Der Stellenwert des Dollar für die globalen Märkte birgt das Risiko, dass bei stabilen Zinsen in den USA die Eurozone – durch die Aufwertung des Dollar gegenüber dem Euro ­– wieder höhere Rohstoffpreise für Importe gezahlt werden müssten – quasi eine „importierte Inflation“.

Nachdem die US-Inflation im April zum dritten Monat in Folge über den Erwartungen lag, haben die Märkte die Hoffnung auf Zinssenkungen im Juni aufgegeben.

Anders sieht es im Euroraum aus: Das Wachstum ist schwach, die Inflation sinkt und nähert sich dem 2%-Ziel der EZB. Die Kerninflation liegt aktuell bei 2,7% und könnte bis Jahresende 2% erreichen. Es gibt kaum Anzeichen, dass die Inflation wieder ansteigen könnte. Zwar steigen die Löhne, dies stellt jedoch einen gesunden Aufholprozess dar und lässt nach. Inflationserwartungen bleiben stabil und das Preissetzungsverhalten der Unternehmen normalisiert sich.

Diese geldpolitische Divergenz sorgt für Skepsis, da die EZB meistens der Fed folgt. Ende des letzten Jahrzehnts gibt es einen Präzedenzfall: damals senkte die EZB ihre Zinsen und weitete ihr Anleihekaufprogramm aus, während die Fed ihre Zinsen anhob. Auch damals war dies durch die Lage im Euroraum gerechtfertigt.

Eine wachsende Zinsdifferenz würde den Euro/Dollar-Wechselkurs unter Druck setzen, was den Inflationsdruck im Euroraum erhöhen könnte und die EZB von schnellen Zinssenkungen abhalten könnte.

Ein weiteres Risiko geht von den Energiepreisen aus, die infolge des Nahostkonflikts zum Teil gestiegen sind (ein Barrel Rohöl der Sorte Brent hat sich um fast 15% verteuert). Ein nachhaltiger Anstieg der Rohölpreise auf über 100 US-Dollar könnte eine Verlangsamung des geldpolitischen Kurswechsels der EZB rechtfertigen, um vor allem das Risiko einer importierten Inflation entgegenzuwirken.

Die EZB senkt den Leitzins und es hat wenig Einfluss auf den Immobilien-Finanzierungsmarkt

Für die Zinsentscheidung der EZB im Juni gehen die Märkte fest von einem Zinsschritt nach unten aus. Aus dieser Zwickmühle wird die EZB nicht mehr herauskommen – obwohl viele Beobachter den Zinsschritt nach unten für zu früh halten.

Während am Kapitalmarkt die Zinsen seit Februar wieder deutlich gestiegen sind, werden am Geldmarkt 25 Basispunkte nach unten eingepreist. Der 3-Monats-Euribor liegt bereits bei 3,80%.

Das eigentlich fatale an dieser Situation ist aber nicht, dass die Märkte den Zinsschritt vorwegnehmen, vielmehr haben viele Marktteilnehmer die zuletzt gefallenen Zinsen am Kapitalmarkt genutzt, um für einen längeren Zeitraum die Zinsen zu fixieren und haben damit die Senkung der Leitzinsen „ausgehebelt“: wenn Finanzierungen über mehrere Jahre festgeschrieben werden, wie kann dann eine Zinssenkung noch ihre Wirkung entfalten? Die EZB senkt den Leitzins im Juni und es hat wenig Einfluss auf die Immobilien-Finanzierungsmärkte. Dennoch: Märkte reagieren auf Stimmungen – Psychologisch hat ein Zinsschritt – egal in welche Richtung – immer eine Auswirkung. Positiv wie negativ.

Viel zitiert und immer auf den Punkt: Informieren Sie sich über aktuelle Zinsentwicklungen.

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